Ans Licht geholt. <br>Blicke auf die Sammlungen des Museums

Ans Licht geholt.
Blicke auf die Sammlungen des Museums

 — 

Die Sammlungen bilden die Basis eines jeden Museums, verleihen ihm ein unvergleichliches Gesicht; sie sind die im Untergrund lagernde “Ursubstanz“ welche die Kurator/innen ans Licht befördern und in sinnvollen Zusammenhängen dem Publikum anbieten müssen.

Es ist aber auch ein anderer Blick auf die Museumssammlungen möglich, nämlich der unhistorische und unwissenschaftliche und daher rein subjektive Blick eines Künstlers oder Architekten. Einigen von ihnen wurde die Aufgabe gestellt, ausgewählte Aspekte der Sammlungen auf ihre eigene Art und Weise zu aktualisieren, aber auch das Prinzip einer solchen (zielgerichteten oder zufälligen ?). Ansammlung von Werken oder deren Aufbewahrungs – oder Präsentationsbedingungen kritisch zu hinterfragen. Dieses Projekt erlaubt es dem Museum, eine Antwort auf das Dilemma zwischen Sammlungspräsentation und Ausstellung zeitgenössischer Kunst zu geben und dem Publikum, verborgene Schätze zu entdecken oder Bekanntes in einem neuen Licht zu erfahren.

Die Architekten Jean-Gilles Décosterd & Catherine Cotting interessieren sich für einen der zentralen Parameter des Ausstellungsraumes: das Licht, seine Veränderungen, seinen Einfluss auf das ‚Klima’ eines Raumes. Für Ans Licht geholt erweitern die beiden Architekten den Begriff ‚Ausstellungsklima’, indem sie eine Lichtdecke einziehen, deren Intensität sich in Abhängigkeit von den Wetterbedingungen verändert. Durch dieses dynamische Beleuchtungssystem (von Wettersensoren in den Alpen gesteuert, die dank des Projekts Swiss Experiment zur Verfügung stehen) sind die Innenräume des Museums mit ihrer äusseren Umgebung direkt verbunden. Die Vorrichtung wird durch zwei in der Architektur verwendete (Anti-High-Tech-) Materialien ergänzt, die mit den lokalen Wetterbedingungen interagieren: verdichtete Erde und ein Farbanstrich, der reinigende Wirkung hat.

Ariane Epars greift akustisch in den Raum ein und macht so die Präsenz der Künstler und Werke hörbar, welche die Sammlung des Museums bilden. Es ist dies die Fortführung eines anlässlich der 100-Jahrfeier des Palais de Rumine entwickelten Projektes. Mit der Übertragung der Namen sämtlicher Künstler und der Titel all ihrer Werke schafft sie einen virtuellen Raum für eine Sammlung, die auf wirklichen Raum wartet, um sich in ihrer ganzen Weite zu zeigen.

Robert Ireland arbeitet seit vielen Jahren über die Begriffe Ausstellung, Rahmung und der „Nachbarschaften“ zwischen den Werken, sowie mit museografischen Konventionen und ihrer möglichen Umwertung, indem er einen Dialog zwischen Werken aus der Sammlung und Arbeiten aus seiner Hand erzeugt, Zeichnungen und Fotografien, die im Museum entstanden. Er bespielt den Ausstellungsraum ausgehend vom Lager des Museums – im doppelten Sinne von Depot und Mangel, von konkretem Raum und Abwesenheit – und indem er einen Blick auf Details der Bilder lenkt, die uns für gewöhnlich entgehen.

Ilona Ruegg interessiert sich ebenfalls für die Kehrseite der Kulisse, für das, was nach oder vor einer Ausstellung kommt, für die Übergangszone zwischen zwei Orten, also dem Transfer der Werke, der sich konkret in den Kisten zeigt, die die Werke schützen und sie unserem Blick entziehen, wie auch durch die unkonventionell arrangierten Gerüste: Ein umgedrehter Turm und konzentrische Standflächen – das systematisch errichtete Instabile, das Dazwischen und das Vergängliche, das Gefährdete als Grundlage von Leben und Kunst.

Das Künstlerduo Caroline Bachmann & Stefan Banz hat sich seinerseits mit Marcel Duchamps Werk Etant donnés (1946-66) beschäftigt, in einer komplexen Installation zu Fragen des körperlichen Verhältnisses zu Skulptur und Erotismus, zu Tastsinn und Sichtbarkeit, um visuelle Dispositive zu schaffen, die es den Ausstellungsbesuchern ermöglichen, den Werken auf freche und unerhörte Weise zu begegnen und sie in Anspielung auf die vier Elemente in den erweiterten Kontext von „Natur“ einzuschreiben.

Publikation

Eclairages. Regards sur les collections du Musée

Mit Texten von Caroline Bachmann, Stefan Banz, Jean-Gilles Décosterd, Catherine Cotting, Ariane Epars, Robert Ireland und Ilona Ruegg, Edition MCBA, Lausanne