Sandrine Pelletier. The Crystal Jaw
Prix Gustave Buchet 2021

Sandrine Pelletier, Gewinnerin des Prix Gustave Buchet 2021, präsentiert im Espace Projet des Musée cantonal des Beaux-Arts de Lausanne eine neue Installation, die vollständig aus einem ihrer Lieblingsmaterialien geschaffen ist: dem Glas. Dieser Spiegeldekor, der das gesamte Raumvolumen füllt, besteht aus einer Reihe von Tafeln, für die beschädigte, zerbrochene Laborglasplatten Verwendung fanden, und konfrontiert das Publikum mit einer Landschaft, deren Schönheit die eines zum Untergang verurteilten Orts ist.

Die neue Installation The Crystal Jaw von Sandrine Pelletier (geboren 1976 in Lausanne, lebt und arbeitet zwischen Lausanne und Kairo) ist zum ersten Mal vollständig aus Glas gefertigt. Die für ihre Materialerkundungen bekannte Künstlerin erforscht insbesondere die Möglichkeiten des Zerfalls der Materie. Im MCBA setzt sie rund 300 verspiegelte, irisierende, zusammengeklebte oder zerbrochene Laborplatten aus Weissglas einem Lichtspiel aus. So verweist sie auf das plastische Potenzial dieses Materials, das auf dessen physikalischen Eigenschaften (Zerbrechlichkeit, Transparenz, Festigkeit, Sprödigkeit usw.) beruht, und führt zugleich eine Reflexion über den unvermeidlichen Verfall aller materiellen Dinge. Die Zerstörung lässt jedoch keinen Raum für Pessimismus, Melancholie oder Trauer. Mit diesem starken Gestus bringt die Künstlerin die Idee zum Ausdruck, dass auf alle beschädigten oder verschwundenen Dinge andere folgen, dass stets eine Erneuerung im Gang ist. So spielt sie mit der Zweideutigkeit jeder Ruine, die sowohl Trostlosigkeit als auch Schönheit ausdrückt.

Alle Installationen von Sandrine Pelletier fördern diese Reflexion über die Spur, die ihren künstlerischen, literarischen, kinematografischen und musikalischen Interessen, aber auch ihren Erfahrungen in Ägypten und im Libanon zu verdanken ist. Der Titel ihrer Ausstellung im MCBA ist von einem Roman des amerikanischen Schriftstellers Harry Crews inspiriert, The Knockout Artist (1988), der die Geschichte eines Boxers mit gläsernem Kiefer erzählt. Hier senkt sich der robuste und zarte, gebieterische und prekäre «Kristall-Kiefer» gleichsam über die Besucher*innen und schliesst sie in einen Ort ein, der ihnen ihr eigenes Bild dank der Spiegel bruchstückhaft zurückwirft und an dem sie wie an einem Schattentheater teilnehmen.

Kooperation bei der Verwirklichung der Installation:Pascal Moret, Glasmachermeister
Ausstellungskuratorin: Laurence Schmidlin, Konservatorin, MCBA