Ausstellungsführer
Schau, wie der Gletscher schwindet
29.6.2024 – 29.9.2024
Schau, wie der Gletscher schwindet MCBA
Das MCBA zeigt in seiner Dauerausstellung Die Sammlung eine Videoinstallation der zeitgenössischen Künstlerin Katie Paterson, um dieses Werk mit einem Gemälde des romantischen Malers François Diday in Beziehung zu setzen. Die Präsentation ist Teil der schweizweiten Ausstellung Schau, wie der Gletscher schwindet, die von Lorette Coen, Bernard Fibicher und Carmen Perrin kuratiert wird. Sie fordert uns auf, uns mit dem Verschwinden der Gletscher und den Folgen des Klimawandels auseinanderzusetzen, indem sie vergangene und heutige Blicke von Kunstschaffenden einander gegenüberstellt.
Katie Paterson, "Langjökull, Snæfellsjökull, Sólheimajökull", 2007
Anfang der 2000er Jahre – in dem Jahrzehnt, das sich als das wärmste seit Beginn der systematischen Temperaturaufzeichnungen herausstellt – wird sich die Öffentlichkeit des durch menschliche Aktivitäten verursachten Klimawandels bewusst. 2007 erhält der auch Weltklimarat genannte Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC), der das Ausmass, die Ursachen und die verheerenden Folgen des Klimawandels evaluieren soll, den Friedensnobelpreis. In demselben Jahr entwickelt Katie Paterson, die mit Wissenschaftlern zusammenarbeitet, mehrere Projekte, die sich mit der Gletscherschmelze befassen. Für Langjökull, Snæfellsjökull, Sólheimajökull, eine Installation, die drei Videos und einen Soundtrack umfasst, verwendet die schottische Künstlerin Tonaufnahmen des Schmelzwassers von drei isländischen Gletschern. Diese Aufnahmen wurden auf drei Platten gepresst, gegossen und eingefroren. Die Eisplatten wurden dann gleichzeitig auf drei Plattentellern abgespielt, bis sie vollständig geschmolzen waren.
Katie Paterson, „Langjökull, Snæfellsjökull, Solheimajökull“, 2007. Film still. © Katie Paterson, 2007
François Diday, "Der Rosenlauigletscher", 1841
Wie in Island prägen die Gletscher auch in der Schweiz nicht nur die Topografie, sondern auch die Kultur und die Mythen. Seit Touristen und Kunstschaffende im ausgehenden 18. Jahrhundert die Alpen entdeckten, sind Berge und Gletscher tief in der kollektiven Vorstellungswelt verwurzelt. Ende der 1820er-Jahre beginnt der Genfer Maler François Diday, sich die Gipfel anzueignen, und entwickelt eine Formel, die Realismus und Romantik verbindet. Auf der Grundlage von vor Ort angefertigten Studien entstehen im Atelier grossformatige Gemälde, die wie Theaterkulissen gestaltet sind. Sie inszenieren die Bestandteile einer grandiosen Natur, von der sich der Mensch noch fernhält: schwindelerregende Berge, geknickte oder entwurzelte Bäume, abgerissene Äste und reissende Wildbäche. Diese Darstellungen von Naturereignissen entsprechen der damaligen Vorliebe für das Erhabene. Heute zeugen sie angesichts von Bergstürzen und schwindenden Gletschern von einer vergangenen Zeit und versetzen uns in Alarmbereitschaft
François Diday, „Le glacier du Rosenlaui“, 1841.Öl auf Leinwand, 200 × 259 cm. Musée cantonal des Beaux-Arts de Lausanne. Acquisition, 1842.